Kapitel 18 - Passage- und Törnplanung

Die sorgfältige Planung einer Segelreise ist eine der wichtigsten Aufgaben des Skippers, hilft unnötigen Stress zu vermeiden und trägt wesentlich zur Sicherheit bei.

 

Grundlagen der Planung

Die Basis jeder Planung bildet die Analyse der drei wichtigsten Einflussfaktoren: Gezeiten, Wetter und Navigation. In Tidengewässern bestimmen die Gezeiten und die Tidenströme massgeblich den Zeitplan. Besonders in Flussmündungen oder engen Durchfahrten können starke Strömungen auftreten, die das Zeitfenster für eine sichere Passage einschränken.

Die Wettervorhersage ist ein weiterer entscheidender Faktor für die Routenwahl und das Timing. Dabei sollten verschiedene Quellen genutzt werden. Neben den offiziellen Wetterdiensten bieten auch moderne Wettervorhersage-Apps und die UKW-Seewetterberichte wichtige Informationen. Eine einzelne Quelle reicht meist nicht aus - erst der Vergleich verschiedener Vorhersagen ermöglicht eine zuverlässige Einschätzung der zu erwartenden Wetterlage.

Die Route muss unter Berücksichtigung aller verfügbaren nautischen Informationen geplant werden. Moderne elektronische Seekarten sind dabei eine grosse Hilfe, sollten aber niemals die einzige Informationsquelle sein. Hafenhandbücher liefern wichtige Details zu den anzulaufenden Häfen, während Leuchtfeuerverzeichnisse unerlässlich für die Nachtnavigation sind. Gezeitentafeln und -atlanten runden die notwendigen Unterlagen ab.

 

Praktische Törnvorbereitung

Die konkrete Vorbereitung beginnt mit der Überprüfung und Ergänzung der Ausrüstung. Der Bedarf an Trinkwasser liegt bei etwa 2-3 Litern pro Person und Tag - eine Menge, die bei längeren Törns erhebliches Gewicht bedeuten kann. Die Treibstoffplanung muss neben der reinen Reichweite unter Motor auch eine Reserve von mindestens 50% berücksichtigen. Besonders wichtig ist die Kontrolle der Sicherheitsausrüstung: Rettungswesten, Sicherheitsleinen, Notfunkbake (EPIRB) und Rettungsinsel müssen überprüft und gegebenenfalls gewartet werden.

Die Organisation der Crew ist ein oft unterschätzter Aspekt der Törnplanung. Die Route muss auf die Erfahrung und Belastbarkeit der Crew abgestimmt werden. Überforderung führt nicht nur zu Unmut, sondern kann auch gefährlich werden. Die Aufgabenverteilung sollte vor Törnbeginn klar geregelt sein. Vor dem Auslaufen muss eine gründliche Sicherheitseinweisung erfolgen, bei der alle Crewmitglieder mit den wichtigsten Sicherheitseinrichtungen und Notfallprozeduren vertraut gemacht werden.

 

Wachsystem und Bordroutine

Für längere Überfahrten ist ein durchdachtes Wachsystem unerlässlich. Das klassische System der 4-Stunden-Wachen hat sich dabei bewährt. Es ermöglicht ausreichende Ruhephasen und ist mit der normalen Bordroutine gut vereinbar. Die konkrete Ausgestaltung hängt von der Crew-Stärke ab. Bei einer kleinen Crew von nur zwei oder drei Personen müssen die Wachen entsprechend angepasst werden. Die Mahlzeiten sollten möglichst zu festen Zeiten eingenommen werden, dies gibt dem Bordalltag Struktur. Die Kommunikation zwischen den Wachen muss klar geregelt sein. Bei der Wachübergabe müssen alle wichtigen Informationen wie Kurs, Position, beobachtete Schiffe und Wetteränderungen weitergegeben werden.

  

Dokumentation als Grundlage für Sicherheit

Während der Fahrt ist das Logbuch das zentrale Dokument. Die regelmässigen Einträge umfassen nicht nur Position, Kurs und Geschwindigkeit, sondern auch Wetterbeobachtungen und besondere Vorkommnisse. In Tidengewässern werden auch die Gezeitenhöhen und Strömungen notiert. Bei Änderungen der ursprünglichen Planung müssen die Gründe dokumentiert werden. Dies ist nicht nur rechtlich relevant, sondern hilft auch bei der späteren Auswertung des Törns.

 

Flexibilität als Schlüssel zum Erfolg

Trotz sorgfältigster Planung muss der Skipper stets flexibel bleiben. Die Erfahrung zeigt, dass kaum ein Törn exakt nach Plan verläuft. Wetteränderungen können Routenänderungen erforderlich machen. Ein aufziehendes Tief kann zum Aufsuchen eines Schutzhafens zwingen, während eine stabile Hochdrucklage vielleicht die Chance für einen direkteren Kurs bietet. Technische Probleme können ungeplante Stopps erforderlich machen.

Die Belastbarkeit der Crew wird oft falsch eingeschätzt. Was am Kartentisch als machbar erscheint, kann sich auf See als zu anstrengend erweisen. Besonders Seekrankheit kann die Leistungsfähigkeit der Crew drastisch reduzieren. Auch unvorhergesehene Ereignisse wie plötzliche gesundheitliche Probleme oder familiäre Notfälle können den Törnverlauf beeinflussen. Ein guter Plan berücksichtigt solche Möglichkeiten und enthält entsprechende Alternativen.

 

Die Erfahrung zeigt, dass gut geplante Törns nicht nur sicherer sind, sondern auch mehr Freude bereiten. Die investierte Zeit in die Vorbereitung zahlt sich meist mehrfach aus - sei es durch vermiedene Probleme oder durch die Möglichkeit, besondere Gelegenheiten spontan nutzen zu können. Die systematische Dokumentation der Erfahrungen hilft dabei, die eigene Planungskompetenz kontinuierlich zu verbessern.

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